Japanische Gärten
Sowohl Karl Förster (1874-1970) als auch sein Vorgänger Gustav Meyer (1816-1877) sahen den Ursprung des naturalistischen Gartenstils in China und Japan.
„Der wichtigste Grundsatz der japanischen Gartenkultur der bereits seit der Heian-Zeit (794-1185) galt, verlangte, dass der Garten der Natur folgte, dass er mit den Naturkräften und ihren Einflüssen in Übereinstimmung sein musste und deren Gleichgewicht nicht stören durfte (Hrdlicka, 1981 in Japanische Gartenkunst, Artia-Verlag, Prag).
In den letzten 15 Jahren hatte ich mehrfach Gelegenheit China und Japan zu bereisen und mir selbst Anregungen zur naturalistischen Gartengestaltung zu holen. Hier nur ein paar Eindrücke.
Der Ninomaru Garten in Kyoto ist um einem großen Teich gestaltet und enthält viele verschiedenartige Steine. Das Design des Gartens wurde vom Teemeister und Landschaftsarchitekten Kobori Enshu (1579-1647) geschaffen. Die japanischen Gärten sind uns zunächst etwas fremd. Es fehlen die bunten Blumen, überall ist nur grün zu sehen. Bald erkennt man die wichtigsten Bestandteile neben dem Grünen, das Wasser und die Steine, die die Felsen oder Berge symbolisieren. Zum Wasser gehören die Brücken, die Brunnen und zum gesamten Garten die Steinlaternen. Die Gärten sind in verschiedenen Stufen der Abstraktion bzw. Minimalisierung zu erleben.
Der Ginkakuji Tempel in Kyoto ist ein Zen-Tempel, erbaut im Jahre 1482. Er ist ein nationales und auch ein Weltkulturerbe. Das viele Grün des Sommers wird im Herbst durch die Japanischen Ahorne bunt gefärbt. Diese Bilder, besonders im Herbst, erzeugten eine ganz besondere spirituelle Atmosphäre. Für mich war es der schönste Garten in Japan.
Der Garten des Komyozenji Tempels in Dazaifu ist ein typischer Trockengarten, der eine Landschaft symbolisiert, dargestellt mit Steinen, Moos und weißen Kieseln, Steinlaternen, Wasserbrunnen. Die weißen Kiesel symbolisieren das Wasser. Sie werden regelmäßig wellenförmig geharkt. „Es ist nicht unwahrscheinlich, dass einer der ersten Antriebe zur Gestaltung trockener Gärten die einfache Notwendigkeit war, in Gärten, die von einer Wasserversorgung abgeschnitten waren, das für einen japanischen Garten unerlässliche Element Wasser zu ersetzen“ (Hrdlicka, 1981).
Der Daitokuji Tempel und Garten in Kyoto ist das Hauptquartier der Rinzai Schule des Zen-Buddhismus. Die Landschaftsgärten sind jede eine einmalige Kreation der philosophisch-religiösen Stimmung der Zen-Meister, die aus tiefster Meditation über die „Leere“ resultiert. Neben diesem Garten konnten wir uns an einem typischen Essen erfreuen. Wir bekamen etwa 10 verschiedene Teller und Schüsselchen mit winzigen Speisen, z. B. einem „Grashalm“ serviert.
Im Gelände des Tenmangu Shrines in Dazaifu soll es rund 6.000 Pflaumenbäume in 197 Varietäten geben, weil der vor 1.000 Jahren hier begrabene Minister, der auch als „Gott des Lernens“ bezeichnet wurde, diese Bäume und ihre Blüten liebte.
Im zeitigen Frühjahr ist die Gegend mit weißen und pinkfarbenen Blüten übersät. Die Leute lustwandeln hier und machen ein Picknick unter den Bäumen.
Beim Komyozenji Tempel in Dazaifu gibt es einen zweiten Garten, einen typischen Zen-Garten, nur mit Steinen und weißen Kieseln. Die Steine sind nach dem chinesischen Begriff für Licht arrangiert, was dem „Heiligenschein“ von Buddha entsprechen soll. Diese äußerst minimalistischen Zen-Gärten waren für mich zunächst besonders befremdlich. Der alte und einzige Baum wird durch Stangen gestützt, was offensichtlich der Schönheit des Gartens nicht schadet.
Beim Kamigamo Schrein in Kyoto wurden zur Verehrung des Mondes zwei Sandpyramiden gebaut. Der Garten, geschaffen 1181, hat einen sehr besonderen Stil.
Alles bisher Gezeigte waren Jahrhunderte alte Tempelgärten. Hier noch ein paar Bilder von ganz normalen Hausgärten. Neben den typischen beschnittenen Gehölzen findet man auch ein paar bunte Stauden und einjährige Blumen.
Auch ein typisches Bild für das Dorf. Der eine hat einen schönen Azaleengarten und sein Nachbar hält auf seinem Grundstück Rinder. Eine interessante Duftmischung. Im Hintergrund Zedernwälder und Bambusdickichte.
Auf dem Lande ist Platz für einen Garten.
Die Pflanzenliebe der Japaner in der Stadt wird oft durch dicht ans Haus gestellte oder an die Hauswand gehängte Blumentöpfe demonstriert.
Es fehlt an Platz, auch in dieser schmalen Gasse von Kyoto, und man könnte denken, das war der Grund zur „Erfindung“ des Bonsai. „Die Fähigkeit, Großes durch Kleines, Mannigfaltigkeit durch Einfaches und Außergewöhnliches durch Gewöhnliches auszudrücken, ist seit alters her eines der wichtigsten japanischen Kunstprinzipien.“ (Hrdlicka, 1981).
Hier eine Ausstellung von blühenden Bonsai. Es regnet nicht. Die Japanerinnen schützen sich vor der Frühlingssonne, die ihnen die vornehme Blässe rauben könnte und sie dann mit einer Bäuerin gleichstellen würde.
Im Zentrum von Fukuoka fand ich ein interessantes Beispiel moderner Pflanzenverwendung. Im Inneren des Gebäudes rechts befinden sich eine Konzerthalle, Restaurants, Geschäfte und Büros, und außen kann man durch einen „Treppengarten“ bis zur Spitze des Hauses lustwandeln und sich oben über die schöne Aussicht freuen.
Auch das findet man sehr häufig in den Städten und Ausflugszielen. Blumenpracht nach europäischem Muster im Nokonoshima Island Flower Park, Fukuoka.
Der Kuju Flower Park zeigt auf einer riesigen Fläche von Frühjahr bis Herbst zahlreiche kunterbunte Blumen. An einem Wochenende sind Tausende Besucher hier im Park unterwegs. Haben das nun die Japaner oder die Europäer erfunden?
Zurück zum Ausgangspunkt dem naturalistischem Gartenstil mit Wurzeln in Fernost. Der Noike Park im Kuju Hochland ist sehr wildromantisch mit seinen Jahrhunderte alten Baumriesen und kleinen sumpfigen Teichen, für mich ein exzellentes Beispiel für den naturalistischen Gartenstil.