Frühling in der Willmore Wilderness Rocky Mountains, Kanada
Als ich im Sommer 2001 mit meiner Frau im Wohnmobil den Alaska-Highway befuhr, sahen wir die undurchdringlichen Wälder links und rechts der Straße und auch so manchen Bären. Es fehlte uns die Zeit und der Mut in die Wildnis einzudringen, und der Wunsch sie zu durchstreifen blieb noch offen. Im Juni 2005 nahm ich die Gelegenheit war, nach einem Arbeitsbesuch in der Universität Edmonton, zwei Wochen in der Willmore Wilderness nördlich vom Jasper National Park zu verbringen. Die Willmore Wilderness ist eine noch völlig unberührte Wildnis. Etwa fünf Autostunden von der Hauptstadt Edmonton und 60 km von der letzten Ortschaft, Hinton, entfernt, dort, wo sich der Schotterweg im Wald verliert, liegt am Munn Creek Lauras „Rocky Mountain Zuflucht“, direkt an der Grenze zum Willmore Wilderness Park. Die drei Blockhäuser liegen in einer Höhe von 1500 m, die umliegenden alpinen Wiesen bei 1900 m. Laura vermietet drei Blockhäuser mit Hotelstandard, versorgt ihre Gäste in einem extra Küchenhaus mit sehr schmackhaftem Essen und führt sie in Tagestouren entlang der alten Jagdpfade der Indianer durch die herrliche Bergwelt, weitab vom Trubel des Tourismus. Übrigens, Laura war Tierzuchtwissenschaftler, wie ich, im heißen Süden der USA. Doch eines Tages hat sie ihren Dienst quittiert, um sich hier ihren Lebenstraum zu erfüllen. Es war interessant etwas über das Leben hier zu erfahren, ohne Zeitung, Radio und Fernsehen, aber mit den wundervollen Schätzen der Natur. Hier in der Willmore Wildnis ist der Geist der Entdecker, Pioniere und Fallensteller noch zu spüren. Hier saß ich mit Indianern am Lagerfeuer und die Träume meiner Jugend wurden war.
Willmore Wilderness-unberührte Wildnis nördlich vom Jasper-Nationalpark.
Mein Blockhaus
Die Bestimmung der Pflanzen erfolgte nach Wildflowers of Alberta von Kathleen Wilkinson und The Encyclopedia of North American Wild Flowers von Joan Barker.
Munn-Bach
Die ersten Touren führten uns entlang des Munn-Baches und ans Ufer des Felsensees. Das war ein leichter Spaziergang, da wir auf der gleichen Höhe blieben. Die wohl schönste Blume der Gegend ist um diese Zeit, wenn der Schnee gerade geschmolzen ist, Calypso bulbosa. Es ist eine wirklich einzigartige Pflanze im wahrsten Sinne des Wortes, denn es gibt nur diese eine Art auf der Welt. Der deutsche Name ist Norne, recht eigenartig. Der englische Name „Fairy Slipper“, Märchenschuh, ist uns da schon viel geläufiger und erinnert uns an Frauenschuh. Die Norne ist in subarktischen Gebieten rund um den Globus heimisch. In Europa zählt sie zu den größten Orchideen-Raritäten und steht unter strengstem Schutz. In den Wäldern am Ufer des Felsensees gab es noch viele andere Orchideen, die aber alle recht unscheinbar waren.
Munn- Bach
Calypso bulbosa
Corallorhiza trifida
Coeloglossum viride ssp. bracteatum
Castilleja miniata, der Rote Indianerpinsel ist vielleicht die bekannteste Blume in den Rocky Mountains. Sie blüht den ganzen Sommer über sehr zahlreich an offenen Stellen. Bei verschiedenen Reisen in Kanada sah ich auch zwei gelbe Indianerpinsel, C. caudata und C. lutescens. Es soll rund 200, teilweise sehr variable und schwer voneinander abzugrenzende Arten geben. Hier nun fanden wir einen rosa Indianerpinsel. Im Handbuch der Kanadischen Rockies von Ben Gadd (1995) heißt es, das die Indianerpinsel bastardieren und interessante Hybriden mit rötlich gestreiften gelben Brakteen, blassrosa Farben u. s. w. hervorbringen können.
Man stelle sich ein Beet mit roten, rosa und verschieden gelben Indianerpinseln in unseren Gärten vor. Doch leider wird zunächst nichts daraus. Die Indianerpinsel sind Halbschmarotzer, die mit den Wurzeln auf verschiedenen anderen Pflanzen parasitieren. In der Zeitschrift „Native Plants Journal“ 6:254-262 von 2005 schreibt David Nelson, dass der Indianerpinsel auch in amerikanischen Gärten sehr selten ist, da es Unklarheiten über den Wirt und die Wachstumsbedingungen gibt. Eine Paarung zwischen verschiedenen Bartfadenarten (Penstemon) und dem Indianerpinsel soll jedoch erfolgreich gewesen sein. Die Anzucht ist aber trotzdem noch sehr kompliziert, es sei denn man nutzt die „sow and pray method“, d. h. aussäen und beten. Es gibt auch heute noch eine spannende Zukunft für den Wildstaudengarten.
Castilleja miniata
Castilleja miniata
Castilleja lutescens
Die Akeleien (Aquilegia species) sind schon sehr lange in unseren Gärten zu finden und auch völlig problemlos zu halten. Es gibt viele verschiedene Arten und Varietäten in der Natur, so dass ich meine, dass die manchmal recht kuriosen Züchtungsformen entbehrlich sind. Die rote (Aquilegia formosa) fand ich weiter nördlich im Yukon.
Aquilegia flavescens oberhalb der Baumgrenze
Aquilegia brevistyla
Felsen-See
In den Wäldern um den Felsensee fand ich neben Orchideen auch zahlreiche Anemonen. Die Kanada-Anemone (Anemone canadensis) stand an sonnigen Uferplätzen und die Kleine Waldanemone (A. parviflora) im schattigem Nadelwald. Die letztere wird auch als Nördliche Anemone bezeichnet weil sie bis nach Alaska zu finden ist. Die Geschlitztblättrige Anemone (A. multifida) kommt in mehreren Variationen vor. Die var. multifida wird als Pazifik-Anemone bezeichnet und die var. saxicola als Rotes Windröschen. Sie kommt von Alaska bis New Mexico vor und auch von Vorkommen in Südamerika wird berichtet. Daher sicher der Name Pazifik-Anemone.
Felsen-See, im Hintergrund die schneebedeckten Berge der Rockies
Anemone canadensis
Anemone parviflora
Anemone lithofila
Anemone multifida var. multifida
Anemone multifida var.saxicola
Kanu-Tour
Lauras geführte Touren sind gemütliche Spaziergänge entlang von Bächen und Seeufern, Klettertouren etwa 600 m hoch, Pferderitte, von denen noch zu berichten sein wird, und auch Kanu-Touren über Seen und kleine Flüsse. Die Ausgangspunkte der Touren werden mit dem Jeep erreicht. Ungemütlich wird eine Kanu-Tour dann, wenn die allgegenwärtigen Biber versucht haben, so ein Flüsschen mit ihren Dämmen anzustauen. Da bleibt manchmal nur, das Kanu um die entstandenen Stromschnellen und ausgewaschenen Uferböschungen herum zu tragen.
Die rothaarige Laura, „the grazy Lady of the wilderness“, wie sie dort genannt wird, war mein Steuermann und Führer durch die Wildnis.
Pedicularis groenlandica kommt im Westen der USA, in ganz Kanada bis nach Alaska und wie der Name sagt, bis Grönland vor. Die englische Bezeichnung, little red elephant, bezieht sich auf den kleinen dunkelroten „Rüssel“ der aus der Blüte kommt.
Sanicula marilandica ist ebenfalls im lehmigen und feuchten Boden der Flußufer zu finden. S. marilandica wollte ich zunächst als S. canadensis bezeichnen, doch später las ich, dass S. marilandica die einzige Art der Gattung ist, die auch in den Westprovinzen Kanadas vorkommt. Blatt, Stängel und Wurzel enthalten Saponine.
Zizia aptera wird von einigen wenigen deutschen Staudenbetrieben angeboten.
Actaea rubra, das Rotfrüchtige Christophskraut, ist als Gartenpflanze für den Schatten gut geeignet.
Oxytropis sericea var. spicata
Oxytropis splendens
Arnica cordifolia, die Herzblättrige Arnika ist eine der 15 Arten der Gattung Arnika, die in Alberta vorkommen.
Arnica angustifolia fanden wir in den felsigen Arealen oberhalb der Baumgrenze.
Felsen-Bach
Der Felsen-Bach, oder vielleicht besser Felsen-Fluss speist den Felsen-See. Im Hintergrund die 3000er der Rocky Mountains, wo sich im Banff- Nationalpark pro Jahr 4 Millionen Touristen (Wikipedia) aufhalten. Hier in der Willmore Wilderness gibt es riesige Gebiete ohne eine Menschenseele.
Tal des Felsensee-Baches
Viola canadensis
Viola adunca
Ranunculus eschscholtzii, die Bergbutterblume fanden wir zu unserer Überraschung auch oberhalb der Baumgrenze in einer Rinne, im feuchten Schatten eines Felsens, wo viel Schneewasser rinnt. Ansonsten ist sie in tieferen Lagen an Bächen zu finden.
Maianthemum stellatum, Sternen-Salomonsiegel
Aralia nudicaulis, der Wildginseng hat seine Blüten weit unter den manchmal auch bräunlichen Blättern.
Papilio canadensis
Pferde-Ritt in die Berge
Eine der wohl aufregendsten Touren meiner Reisen war der Ritt in die Berge der Willmore Wilderness auf einem Pferd, begleitet von einer jungen und hübschen Schwedin und einem Halbblutindianer. Die junge Frau aus Schweden, Ida, hilft Laura bei der Gästebetreuung.
Nie zuvor hatte ich auf einem Pferd gesessen!? Das war also nicht nur aufregend sondern auch sehr leichtsinnig. Ich ging davon aus, dass das Pferd die Wege kennt. Als ich fragte, wie das Pferd heißt, sagte man mir, es ist neu hier und hat noch keinen Namen. Die Pferde kamen vom Nachbarn, der für spezielle Outdoor-Touristen einwöchige Überquerungen der Rocky Mountains anbietet. Laura meinte, das ich nach dem Ritt Muskeln spüren würde, von denen ich bis jetzt nicht wusste, dass es sie gibt. Und so war es dann auch. Der Grund für die Nutzung eines Pferdes, war die Tatsache, dass die Pfade nach einem langen Regen nicht mehr passierbar waren. Die meisten Pfade in die Berge führen hier in der Wildnis entlang der Wasserläufe.
Myosotis alpestris ssp. asiatica bedeckt zahlreiche Berghänge. Einige Quellen bezeichnen die Pflanze auch als M. asiatica. Nun könnte man sich wundern, dass hier in Nordamerika die Art alpestris zu finden ist. Die Recherche im Internet hat ergeben, dass sie auch im Naturpark der Bering-Straße vorkommt, also der Verbindung zwischen Asien und Amerika. Somit ist Myosotis alpestris ssp. asiatica möglicherweise im Gepäck der ersten Ureinwohner Amerikas von Asien gekommen.
Myosotis alpestris ssp. asiatica
Pedicularis arctica
Papaver radicatum ssp.kluanensis
Dryas integrifolia
Dryas drummondii blüht leider nie richtig auf.
Potentilla nivea
Potentilla nivea
Von 1998 bis 2005 war ich viermal in Kanada, im Süden in der Prärie, in den Rocky Mountains und der Wilderness, im hohen Norden bis nach Alaska und im Osten am Sankt Lorenz-Strom. Die Wanderungen in der Willmore Wilderness mit Laura und ihren beiden Hunden (gegen die Bären) und die Begegnung mit Indianern waren ein Traum.
Mehr über Land und Leute finden sie hier: http://globetrotter-wegner.de/Seiten/Canada.html